Das paulinische Verständnis der Taufe
 
 
1. Anknüpfung an hellenistische Tradition und deren Umprägung
2. Weitere Momente des paulinischen Taufverständnisses
3. Taufe und Gerechtigkeit Gottes (dikaiosÚnh qeoà)



 
1. Anknüpfung an hellenistische Tradition und deren Umprägung

Paulus knüpft an das urchristliche Verständnis der Taufe an und führt es in seiner Theologie fort. Er setzt als selbstverständlich voraus, dass

Paulus interpretiert damit die Taufe in hellenistisch christlicher Tradition. Diese Tradition wird jedoch an einigen Stellen von ihm umgeprägt: Durch diese beiden Korrekturen gegenüber einem von mysterienhaften Taufverständnis wird ein enthusiastisches Missverständnis abgewehrt: Durch die Taufe erwirbt der Täufling kein unverlierbares, physisch vermitteltes Heil. Die Taufe wirkt nicht ex opere operato. Die Taufe führt aber in die Spannung des "schon und noch nicht", nicht aber bereits in ein vollendetes Heil (vgl. Kol.2,12). Im Verhalten in der Gegenwart ist das bereits zugeeignete eschatologische Heil zu bewähren (vgl. Die paulinische Eschatologie). Die Taufe wird damit zu einem Motivationsgrund für das neue Leben, denn sie verbürgt die Freiheit von der Herrschaft der Sünde.
Die Taufe darf also nicht dahingehend missverstanden werden, dass mit ihr ein unverlierbarer Heilsbesitz geschaffen sei. Paulus weist deshalb auf das warnende Beispiel Israels: Israel (obwohl auf Mose in Wolke und Meer getauft) fiel unter Gottes Gericht, weil es ungehorsam war (1.Kor.10,1-13). Die Taufe entnimmt weder aus dem Gericht, noch macht sie gegen falsche Wege gefeit; sie unterstellt den Getauften unter die Herrschaft des Kyrios, dem sie in ihrem Leben nachzufolgen haben.
 
 
2. Weitere Momente des paulinischen Taufverständnisses

Das paulin. Taufverständnis ist ferner durch folgendes zu charakterisieren:

3. Taufe und Gerechtigkeit Gottes (dikaiosÚnh qeoà)

Das paulinische Taufverständnis und die Verkündigung der Gerechtigkeit Gottes (vgl. Gerechtigkeit Gottes (dikaiosÚnh qeoà) bei Paulus) scheinen in den Paulusbriefen merkwürdig unverbunden: In Aussagen des Paulus über die Taufe ist zwar immer von Gottes Handeln für und an uns die Rede, aber nie von Rechtfertigung oder Glauben. Wo nun Paulus von der Rechtfertigung des Sünders spricht, wird die Taufe nicht erwähnt. Doch lassen sich bei tieferem Eindringen Zusammenhänge erkennen:

So ist folgende dogmatische Aussage zwar bei Paulus nicht explizit ausgesprochen, aber entspricht durchaus seinem Verständnis: Durch das Sakrament wird das rechte Verständnis der Verkündigung gesichert und vor Spiritualisierung bewahrt. "Die Taufe zeigt unübersehbar, dass Gottes Heilstat in Christus die Getauften geschichtlich betrifft, indem leiblich an ihnen gehandelt wird" (Lohse,107). Andererseits wirkt die Taufe erst, wo sie vom Glauben begleitet wird. Eine Wirkung ex opere operato ist also ausgeschlossen.
 


Literatur: Ed. Lohse, Grundriß der neutestamentlichen Theologie, S.104-108.



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