Die johanneische Christologie
 
 
1. Die Einheit des Sohnes mit dem Vater
2. Die Erkenntnis des Sohnes
3. Zur Interpretation der johanneischen Christologie



 
 
1. Die Einheit des Sohnes mit dem Vater

Die johanneische Christologie behauptet die Einheit zwischen Jesus als dem von Gott gesandten Gottessohn und Gott, dem Vater Jesu Christi. Dies äußert sich auf verschiedene Weise:

Der Gebrauch der Hoheitstitel kennt zwar eine urchristliche Vielfalt, doch sagen alle Titel dasselbe: Jesus ist der Gottessohn. Bereits im 1.Kap begegnen fast alle Hoheitstitel, Jesus ist demnach:

Im Mittelpunkt der johann. Christologie steht die immer wiederkehrende Aussage, dass der Vater den Sohn gesandt hat. Deshalb wird auch von einer Gesandten-Christologie gesprochen. Jesus ist durch seine Sendung Repräsentant des Vaters (4,34; 5,17+19ff+30+36; 6,29+38; 7,28; 8,28+42; 10,25+30+36f; 13,3; 14,10; 17,4+14). Bleibend ist die Einheit zw. Vater und Sohn (10,30; u.a.).

Daneben findet sich die Logos-Christologie mit ihrer Inkarnationsaussage nur im Prolog (1,1+14), dem wohl ein urchristlicher Hymnus zugrundeliegt. Schon das sollte nicht dazu führen, die Logos-Christologie zum Ausgangspunkt der johann. Christologie zu machen (so Becker, anders Thyen), sondern diese und der ganze Prolog sind von der Gesandten-Christologie her zu interpretieren. Dabei gibt es unverkennbare Anklänge an Gen.1 und an die jüdische Weisheitsspekulation (Prov.8; u.a.), allerdings wird hier nicht von der Weisheit, sondern eben vom Logos gesprochen. Inwiefern gnostischer Einfluß wirksam war, wo vom Logos als göttlichem Offenbarer als einem Zwischenwesen zw. Gott und Welt gesprochen wird, ist umstritten. Die Identifikation des Logos mit Gott selbst wird am Ende des Evang. (20,28) wieder aufgenommen.

Jesu Hoheit äußert sich desweiteren in folgenden Motiven:

Der Gottessohn ist in Jesus von Nazareth wirklicher Mensch geworden (1,14). "Wie das Wunder der Menschwerdung geschah, ist nicht Gegenstand der Überlegung. Jesus wird nicht Sohn einer Jungfrau, sondern der Sohn Josephs aus Nazareth genannt (1,45), dessen Mutter und Brüder man kennt (2,3; 7,10; u.a.)" (Lohse, 130). Die Behauptung, dieser Mensch Jesus sei der Gottessohn, erregt Anstoß (5,18; u.a.) und Widerspruch.

Entscheidend ist die Exklusivität der Offenbarung Jesu. Vor ihm gab es keine wirkliche Gotteserkenntnis (1,18; 5,37f). Nur durch ihn gibt es den Weg zum Vater und die Möglichkeit der Gemeinschaft mit ihm (14,6). Dieser Ausschließlichkeitsanspruch führt auch dazu, dass es neben und nach Jesu keine weitere Offenbarung geben kann. Deshalb kommt es konsequenterweise zu einer präsentischen Eschatologie (vgl. -> Die johanneische Eschatologie).
 
 
2. Die Erkenntnis des Sohnes

Eine Spannung zwischen vor und nach Ostern (vgl. Mk.: Geheimnistheorie) gibt es für Joh. nicht. Bereits der irdische Jesus erscheint als der Erhöhte, die nachösterliche Christuserkenntnis bestimmt ganz die Erzählung vom vorösterlichen Jesus. So wird Jesus schon zu seinen Lebzeiten als Gottessohn verkündigt (1,41; 3,14ff; u.a.m.) und bezeichnet sich selbst auch so (z.B. 4,26; er nennt sich ganz oft Sohn des Vaters).
Dennoch ist es durchaus möglich, dass Jesu Gottessohnschaft verkannt wird. Dies liegt aber nicht daran, dass seine Messianität verhüllt ist, sondern daran, dass sie sich nach weltlichen Maßstäben, v.a. ist hier an die jüd. Messiaserwartung gedacht, nicht unzweideutig ausweisen kann. Erst wer Jesus als den Messias erkannt hat, versteht das AT als Weissagung auf ihn (2,22; 12,16). Wer aber Jesus an den Maßstäben der Messiasdogmatik misst, kann ihn nur verkennen (5,17f; 7,25ff; 7,40-52; 9,16).
Dieses Problem der Erkennbarkeit der Messianität Jesu wird ferner durch folgende Motive zum Ausdruck gebracht (vgl. auch -> Die johanneische Soteriologie):

3. Zur Interpretation der johanneischen Christologie

Umstritten ist seit dem Disput zw. Bultmann und Käsemann die Interpretation der Christologie:



Literatur:  Ed.Lohse, Grundriß der neutestamentlichen Theologie, S.128-132, 136f; J.Becker, ÖTK 4/1, S.55-58; Kl. Wengst, Bedrängte Gemeinde und verherrlichter Christus, v.a. S.98ff.



Copyright: Matthias Kreplin, 2000