| 1. Zur Bedeutung des Begriffs p…stij 2. Der Glaube als Zugangsbedingung zum Heil 3. Der Glaube als Hoffnung auf die eschatologische Vollendung und als eschatologische Heilsgabe | 
| 1. Zur Bedeutung des Begriffs p…stij | 
Das griechische p…stij hat zwei Bedeutungs-Schwerpunkte:
| 2. Der Glaube als Zugangsbedingung zum Heil | 
Die Menschen erlangen das Heil, die dikaiosÚnh qeoà nicht ™x œrgwn nÒmou sondern ™k p…stewj 'Ihsoà Cristoà (Gal.2,16; Röm.3,20; u.v.a.m.). Aber auch andere Heilsgüter werden aufgrund des Glaubens erlangt: der verheißene Geist (Gal.3,14+22), die Gottessohnschaft (Gal.3,26), die swthr…a (Röm.1,16; 10,9f; 1.Kor.1,21); Friede und Freude (Röm.5,1; 15,13). Die p…stij ist damit Zugangsbedingung zum Heil (vgl dazu auch Das Gesetz (nÒmoj) bei Paulus).
In der Wendung "nicht ™x œrgwn nÒmou
sondern ™k p…stewj" birgt einige Spannung
in sich, die von Paulus nicht voll ausgezogen wird, die aber bei ihm
durchaus angelegt ist: Einerseits ist die p…stij
Zugangsbedingung zum Heil, andererseits kann sie aber kein œrgon
sein, keine vom Menschen aufgrund eigener Willensanstrengung zu
verrichtende Tat, die zu einem Verdienst vor Gott führen könnte.
Diese Spannung spiegelt sich darin, dass einerseits der Glaube ein Verhalten
der Menschen ist, das sie aufgrund eigener Entscheidung annehmen oder
auch verweigern können (1.Kor.16,13; Röm.4,19-22; 2.Kor.5,20),
dass Glaube also die gehorsame Annahme der Botschaft des Evangeliums ist
(R.Bultmann; Theologie, S.315-18; vgl. Röm.1,5; 15,18; 10,16). Andererseits
behauptet Paulus aber auch, dass der Glaube eine Gabe Gottes ist,
die vom Geist gewirkt ist und die die Menschen empfangen (Phil.1,29; 2,13;
1.Kor.4,7; 1.Kor.12,3+9; 13,2).
Das Problem das hinter dieser Spannung steht, ist fundamental: Ist
der Glaube eine freie Entscheidung des Menschen, so wird er letztlich zum
Werk. Die Erfüllung des Gesetzes wird nun durch die Erfüllung
der Glaubensforderung ersetzt. Wo wäre darin das grundlegend Neue?
Ist der Glaube aber allein Gabe Gottes, dann wäre aufgrund der Tatsache,
dass wohl nicht alle Menschen zum Glauben kommen, eine strenge Prädestinationslehre
die Konsequenz. Wie kann dieses Problem gelöst werden?
Zunächst kann der Glaube v.a. unter dem Aspekt des Zum-Glauben-Kommens
gesehen werden. Dass ich überhaupt zum Glauben kommen kann, ist nicht
meine eigene Möglichkeit, da ich nur aufgrund der Verkündigung
überhaupt an das Kerygma glauben kann. Diesen Aspekt hebt Bultmann
hervor: Das Kerygma stellt mich vor die Glaubensforderung und verlangt
von mir eine Entscheidung. Doch wenn ich mich für den Glauben entscheide,
so verdankt sich mein Glaube nie meiner Entscheidung, sondern allein
dem Kerygma, dass mir erst die Entscheidungsmöglichkeit gab (1.Kor.4,7;
Röm.10,14f). "In der Ðmolog…a wendet
sich der Glaubende von sich selbst weg und bekennt, dass alles, was er
ist und hat, durch das ist und hat, was Gott getan hat. Der Glaube beruft
sich nicht auf das, was er als Akt oder Haltung ist, sondern auf Gottes
vorangegangene, ihm zuvorgekommene Gnadentat" (R.Bultmann, Theologie, S.319).
So ist zwar die Glaubensentscheidung eine freie Tat des Menschen, aber
nie kann sie, wo sie betrachtet wird, als Ergebnis eigener Anstrengungen
verstanden werden.
Dann kann der Glaube auch unter dem Aspekt des Im-Glauben-Bleibens
gesehen werden. Hier verschärft sich das Problem, weil dieses Bleiben
im Glauben viel eher noch als eigenes Verdienst angesehen werden kann.
Um das Problem hier zu lösen, muss der paulin. Begriff des kauc©sqai
(Rühmens) betrachtet werden. Wer glaubt aufgrund seiner eigenen Werke
oder auch aufgrund seines Glaubens vor Gott bestehen zu können, der
rühmt sich vor Gott (und den Menschen) und errichtet seine „d…an
dikaiosÚnh (Röm.10,3), der versucht letztlich das Heil
™x œrgwn zu erlangen. Doch der p…stij
widerspricht solches Rühmen fundamental (Röm.3,27). Wer
auf seinen Glauben schaut und meint, auf Grund seines eigenen Glaubens
Gottes Heil zu erlangen, der ist bereits aus dem Glauben gefallen.
Deshalb ist die Frage, wann der Glaube ausreichend ist, für Paulus
tabu. Sie ist auch nicht zu entscheiden, denn der Glaube ist verborgen
im Herzen der Menschen (Röm.10,9f), erst am jüngsten Tag
wird Gott das Verborgene im Menschen beurteilen (Röm.2,16). Auf diesem
Hintergrund kann Paulus dazu aufrufen, seinen Glauben nicht vor sich selbst
zu haben (=seinen Glauben zu betrachten), sondern ihn allein vor Gott zu
haben (=ihn allein Gottes Urteil zu überlassen) und ferner seinen
eigenen Glauben zwar zu prüfen, ihn aber nicht zu beurteilen (Röm.14,22).
Wo andererseits der Glauben angefochten ist, weil er darum bangt, ob er
ausreichend ist, kann er sich nicht auf sich selbst richten, sondern nur
auf Gott, der "den Gottlosen gerecht macht" (Röm.4,5). So ist mit
der Formel "nicht aufgrund der Werke (des Gesetzes), sondern aufgrund des
Glaubens" das kat¦ c£rin (aufgrund
der Gnade) untrennbar verbunden (Röm.4,16). Das Paradox der paulin.
Rechtfertigungslehre besteht gerade darin, dass der Glaube, der die Zugangsbedingung
zum Heil ist, bekennt, dass das Heil geschenkweise (Röm.3,24) empfangen
wird. Das Ineinander zwischen der selbstgewirkten Tat des Menschen und
Gottes Wirken kann dann nicht aufgelöst werden, will der Glaube Glaube
bleiben. So ist der Glaube immer sichtbar als die eigene Tat des Menschen
und doch kann er sich nie so verstehen.
 
 
| 3. Der Glaube als Hoffnung auf die eschatologische Vollendung und als eschatologische Heilsgabe | 
Die Glaubenden leben durch den Empfang der dikaiosÚnh
qeoà in der von der ¡mart…a
beherrschten Welt in einer eschatologischen Spannung: Auch wenn
Paulus schon das Erfahrbarwerden der Endzeit in die Gegenwart verkündet,
weiß er doch, dass die vollkommene Offenbarung der Heilsgaben und
die Vernichtung der ¡mart…a noch ausstehen.
Glaube ist damit konstitutiv Hoffnung auf die endgültige Offenbarung
der Wirklichkeit Gottes (vgl. Röm.8,24; 15,13; Gal.5,5). Für
Paulus leben die Glaubenden noch in der Fremde und noch nicht in der Heimat
bei Gott (2.Kor.5,6f; Phil.3,20). Der Glaube des Abraham wird geradezu
als par' ™lp…da ™p' ™lp…di charakterisiert (Röm.4,18).
In dieser Wendung wird ganz stark deutlich, dass für Paulus Glauben
nicht in einem gegenwärtigen Erleben begründet liegt, ja das
Glaube geradezu gegen die Erfahrung am Kerygma festhält.
Allerdings kennt Paulus auch die Aussage, dass Glaube eine Gabe des
Geistes sei (1.Kor.12,3+9). Der Glaube steht dabei neben den car…smata
(1.Kor.12,4ff) und den im Geist schon anbrechenden Heilsgaben Freude, Friede
und Rechtfertigung (Röm.14,17; 15,13). Paulus kennt also durchaus
auch gegenwärtige Erfahrungen des Heils, die er dann als Gabe
des Geistes versteht. So sind es wohl dann gerade die gemachten Erfahrungen,
die es dem Glauben immer wieder ermöglichen par'
™lp…da ™p' ™lp…di auf Gott zu vertrauen.
So ist Glauben einerseits die Zugangsbedingung zu Gottes Wirklichkeit,
wie durch Gottes erfahrene Wirklichkeit andererseits der Glauben gestärkt
wird. Auf diesem Hintergrund dürfte auch das ™k
p…stewj e„j p…stin (Röm.1,17) zu verstehen sein. Die Gewissheit
des Glaubens kann also schwanken. Paulus kann der p…stij
geradezu den Zweifel gegenüberstellen (Röm.14,23). Er spricht
auch vom Wachsen des Glaubens (2.Kor.10,15) oder vom starken und schwachen
Glauben (Röm.14,1), und es ist für Paulus durchaus denkbar, den
Glauben anderer zu loben (Röm.1,8).
 
Literatur: Eigene exegetische Arbeiten von M.Kreplin (unveröffentlicht)