| 1. Einteilungen der Paulus-Briefe 2. Art und Zweck der paulinischen Briefe 3. Der Stil der Paulusbriefe | 
| 1. Einteilungen der Paulus-Briefe | 
Die Echtheit ist bei einigen Paulusbriefen mehr (1./2.Tim.; Tit.) und bei anderen weniger (Kol.; 2.Th.; Eph) anzuzweifeln. Seit Beginn des 19. Jhdt gibt es dazu die verschiedensten Ansätze (Von Reduzierung auf die vier Hauptbriefe Gal.; 1./2.Kor.; Röm. -> Tübinger Schule; bis zur völligen Absprechung). Ferner bleibt umstritten, wie weit die echten Briefe unechte Bestandteile enthalten od. zusammengefügt sind. Es gibt allerdings deutlich pseudopaulinische Literatur, etwa eine Brief an die Laodicener und einen 3.Kor. Aber auch ein latein. Briefwechsel zwischen Paulus und Seneca (ca. 4.Jhdt) ist erhalten.
Abgesehen von der Echtheit werden einige Briefe als Gefangenschaftsbriefe bezeichnet (Paulus im Gefängnis): Eph., Phil., Kol., 2.Tim., Phm.
Ferner werden 1./2.Tim. und Tit. wegen ihres Hauptthemas als Pastoralbriefe bezeichnet.
Aus den ersten rund 15 Jahren seines Wirkens sind keine Briefe erhalten. Die ganzen Briefe sind erst nach seinem ersten Aufenthalt in Korinth geschrieben (1.Th. als der älteste Paulusbrief).
Außerdem sind nicht erhaltene Briefe erwähnt: zwei
Korintherbriefe - 1.Kor 5,9; 2.Kor.2,4 (Tränenbrief, vielleicht aber
in 2.Kor. eingearbeitet); Brief nach Laodicea - Kol.4,16.
 
 
| 2. Art und Zweck der paulinischen Briefe | 
Die Briefe des Paulus sind weder reine Privatbriefe (mit Ausnahme von Phm. und Past.) noch Kunstbriefe (Deißmann: Episteln), die sich lediglich nur äußerlich der Briefform bedienen und eher als Traktate zu bezeichnen sind (In der Antike und heute recht häufig; z.B. Seneca). Sie sind Mittel seiner Missionsarbeit, Paulus schreibt sie in seiner Funktion als Apostel. In allen Briefen begegnet auch immer aktuelle Korrespondenz, sie wenden sich an einen bestimmten Empfänger und weniger an ein allgemeines Publikum. Auch haben sie bestimmte Anlässe. Doch dienen sie v.a. zur (oft grundsätzlichen) Aufarbeitung anstehender Probleme in den Gemeinden. Deshalb waren sie auch über ihren konkreten Anlass hinaus interessant und überlieferungswürdig. Im Vergleich zu anderen antiken Privatbriefen sind die paulinischen Briefe sehr umfangreich, da Paulus häufig aus aktuellem Anlass grundsätzliche Überlegungen anstellt.
Paulus hat seine Briefe zweifellos diktiert (Röm.16,22), aber nach der Sitte seiner Zeit durch eigenhändigen Schlussgruß als authentisch gekennzeichnet. Die Annahme einer Formulierung der Briefe durch Sekretäre ist u.a. angesichts der spezifisch paulinischen Sprache unhaltbar (z.T. bei den Briefen, deren Echtheit diskutiert wird, erwogen).
Paulus schreibt seine Briefe in der Erwartung, dass sie in der Gemeindeversammlung verlesen werden (1.Th.5,27; vgl. auch die Adressenangaben "an die Kirche von...").
Mit Ausnahme von Röm. und Phm. (und den unechten Paulusbriefen)
ist davon auszugehen, dass Paulus über die Situation der Adressaten
informiert war; sei es durch Boten (vgl. 1.Kor.1,11), sei es durch Briefe
der betreffenden Gemeinde (vgl. 1.Kor.7.1).
 
 
| 3. Der Stil der Paulusbriefe | 
Paulus argumentiert weithin dialogisch und verwendet dabei das Stilmittel der Diatribe (fiktives Gespräch mit Leser; häufig in antiker Popularphilosophie):
Aber auch die pharisäische Auslegungstechnik findet sich bei Paulus:
Paulus verwendet in seinen Briefen stets die orientalische Form des
Präskripts (Der Apostel Paulus, an ...: "Gnade sei mit euch und
Friede von Gott, unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus" immer außer
1.Th.), die von der griechischen Form (Absender grüßt Empfänger)
zu unterscheiden ist. Paulus fügt zumeist einen Hinweis auf sein
Apostolat hinzu. Oft werden auch Mitabsender genannt. Die Adressaten
werden meist als ™kkles…a angeredet.
Dann folgt (außer bei Gal) immer ein Proömium, dass
entweder als Eucharistie (eÙcaristî)
oder Eulogie (eÙloghtÕj Ð qeÒj...
- nur 2.Kor.) gestaltet ist (beide Formen finden sich mit einem doppelten
Proömium im Eph.). Das Proömium kann klar abgegrenzt sein, kann
aber auch ohne klaren Übergang in den Brief übergehen (vgl. 1.Th.).
Der Vergleich der Briefanfänge lässt oft erste Schlüsse
zu über den Charakter eines Briefes und das Verhältnis des Apostels
zu der betreffenden Gemeinde.
Am Schluss der Briefes werden Grüße übermittelt.
Zuvor können Ermahnungen und eine Bitte um Fürbitte
ausgesprochen werden. Dort findet sich häufig auch Mitteilungen an
bestimmte Personen oder über die Absichten des Paulus. Der Brief endet
immer mit einem Segenswunsch.
 
Literatur: Conzelmann/Lindemann, Arbeitsbuch zum Neuen Testament, S.36-40; 201-205; W.G.Kümmel, Einleitung in das Neue Testament, S.212-216; Ed.Lohse, Paulus, S.22-25 und S.108-125.